Eltern sein – Paar bleiben

Eine gute Beziehung macht das Leben definitiv schöner. Für Eltern vielleicht noch mal mehr eine Herausforderung und wenn es gelingt, Kraftquelle zugleich. Hier teile ich mit euch einen Artikel von mir, der ursprünglich in dem wunderbaren Magazin des Deutschen Kinderschutzbundes Starke Eltern / Starke Kinder erschienen ist.

Zum Glück ist Lieben ein Tu-Wort und nicht nur Schicksal

Wer Kinder hat, hat immer zu tun. Da gerät die Partnerschaft schnell in den Hintergrund. Das muss aber nicht so sein. Unsere Autorin und ihr Mann konnten als Eltern von fünf Kindern einiges an Erfahrungen sammeln und haben gelernt, worauf es ankommt, um als Paar gemeinsam zu wachsen und die Liebe lebendig zu halten. 

Die meisten Paare, die zusammen eine Familie gegründet haben, sind mit großer Verliebtheit und einer großartigen Vision von der gemeinsamen Zukunft in die Beziehung gestartet. Trotzdem trennen sich rund 30 % der Paare in den ersten drei Jahren nach der Geburt des ersten Kindes. Und viele, die zusammen bleiben, erleben sich eher als WG-Mitbewohner*innen, die sich in der Kinderbetreuung, der Carearbeit und dem Lohnarbeiten abwechseln. Ich kenne das aus mittlerweile fast vierundzwanzig Jahren Elternsein mit fünf Kindern zwischen dreiundzwanzig und zwölf Jahren mit meinem Mann sehr gut, dass schlaflose Nächte, Sorgen im Job oder Elterngespräche in der Schule jede Romantik absurd erscheinen lassen.

Könnte es sein, dass Elternsein und romantische Paarbeziehung einfach nicht zusammenpassen? Dass das Verlieben nur ein billiger Trick der Natur ist, damit wir in die Familienfalle tappen und der Fortbestand der Menschheit gesichert ist?

Das wäre traurig. Ganz abgesehen davon ist es für den menschlichen Nachwuchs auch sicherer und komfortabler, wenn er von Menschen großgezogen wird, die gerne zusammen sind (und das können natürlich noch mehr Menschen als die biologischen Eltern sein – im Idealfall das ganze sprichwörtliche Dorf).

Allen Statistiken zum Trotz glaube ich, dass glückliche Beziehungen für Eltern möglich sind und dass gerade Eltern eine erfüllende Liebesbeziehung als Kraftquelle für den stressigen Alltag brauchen können. Bei allen Anforderungen des Elternseins ist es uns – auch dank Inspiration und Ermutigung von außen − immer wieder gelungen, unsere Beziehung lebendig zu halten und Krisen zu überwinden. Und je älter die Kinder werden, desto mehr Raum und Zeit für die Zweisamkeit steht wieder zur Verfügung – umso wichtiger, die Beziehung bis dahin zu pflegen.

Und wie bekommt man das hin mit der glücklichen Beziehung als Eltern? Eins vorweg: Hier geht es nicht um toxische Beziehungen und zu große Verletzungen, und schon gar nicht darum, um jeden Preis an einer unguten Beziehung festzuhalten. Aber „normal belastete Liebe“ kann wieder viel schöner werden oder gar nicht erst in Schieflage geraten, wenn wir uns dafür einsetzen.

 

Weg von der Illusion hin zur Vision

Können Sie sich noch an den Moment erinnern, in dem Sie sich in Ihren Partner bzw. Ihre Partnerin verliebt haben? Vielleicht dachten Sie, dass dieses Hochgefühl für immer anhalten wird, ohne dass sie etwas dafür tun müssen. Und mit Sicherheit hatten Sie beide die rosarote Brille auf. Allein ein Lächeln hat Sie damals verzaubert, während Sie heute viel eher die Defizite wahrnehmen.

Viele Paare haben auch von der Liebe an sich ein völlig verzerrtes Bild: Der Partner oder die Partnerin ist in ihren Augen für ihr ganzes Lebensglück und Selbstwertgefühl verantwortlich. Vielen fehlen darüber hinaus Vorbilder von glücklichen Paaren im persönlichen Umfeld, so dass sie insgeheim gar nicht erwarten, dass Liebe über die erste Verliebtheit hinweg erfüllend und immer wieder neu sein kann – auch als Eltern.

Hinterfragen Sie Ihre Bilder und Erfahrungen von Paarbeziehungen. Was ist einfach fehlenden Vorbildern, Klischees aus Hollywoodfilmen oder gesellschaftlichen Annahmen geschuldet? Und dann überlegen Sie, wie Sie Ihre Partnerschaft wirklich leben wollen. Jetzt und in fünf, zehn oder zwanzig Jahren. Gestalten Sie – am besten gemeinsam − eine Vision von Ihrer Liebe und Beziehung.

 

Machen Sie den Partner, die Partnerin zur Priorität

Als die amerikanische Bestsellerautorin Ayelet Waldman – ihr autobiografischen Sachbuch „Böse Mütter“ war ein New York Times-Bestseller – in einer Talkshow verkündete, dass sie ihren Mann mehr liebe als ihre vier Kinder, wurde sie zur Zielscheibe eines heftigen Shitstorms. Und ich musste auch erst schlucken. Die Kinder stehen doch immer an erster Stelle! Und natürlich würde ich, wenn ich vor der Wahl stehen würde, ob ein Löwe meinen Mann oder meine Kinder frisst, meinen Mann vorschicken – und umgekehrt von ihm genauso erwarten, dass er eher mein Leben als das der Kinder opfert. Aber gerade jetzt, wo die ersten beiden Kinder schon ausgezogen sind und selbst der Jüngste als Fast-Teenager immer mehr eigene Wege geht, merke ich, dass es für die Kinder sogar sehr gesund ist, wenn die Eltern füreinander die wichtigsten Bezugspersonen innerhalb der Familie sind. So glücklich unsere Kinder uns machen können, sie sollen niemals unser Bedürfnis nach Liebe oder Sinn erfüllen müssen. Und auch wenn wir für unsere Kinder sterben würden, die Partnerschaft zu opfern, indem wir die Partnerin/den Partner links liegen lassen und als selbstverständlich sehen, dient den Kindern am allerwenigsten.

 

Was bedeutet das ganz praktisch?

Zeiten für die Zweisamkeit einplanen und durchziehen. Manche Paare unternehmen jahrelang nichts mehr zu zweit, weil es angeblich nicht geht. Komischerweise finden sich für Arbeitstermine oder gar Affären dann doch die Zeit. Also lieber frühzeitig in Babysitter investieren, mal freinehmen, wenn die Kinder in der Kita sind oder wenigstens einmal die Woche ein Date zu Hause, egal ob ein Wein am Küchentisch bei Kerzenlicht oder ein Spaziergang Hand in Hand. Unsere Teenager verdrehen manchmal die Augen, wenn ich sage, dass ich heute Abend ein Date mit Papa habe. Sie meinen dann, ein Date hätte man nur, wenn man erst noch zusammen kommen will. Dabei sind Dates noch wichtiger, wenn man zusammenbleiben will!

Und verabschieden Sie sich vom Perfektionismus. Wir haben uns ziemlich früh vorgenommen, ein Date pro Woche zu vereinbaren. Das klappt nicht immer und aus einem romantischen Essen zu zweit wurde auch mal ein Picknick mit Essen vom Lieferservice auf dem Kinderzimmerboden, weil unsere Kinder noch nicht eingeschlafen waren, als der Pizzabote klingelte.

Wenn es sich irgendwie einrichten lässt und auch, wenn es manchmal nicht so einfach ist loszulassen, wäre mindestens ein Wochenende im Jahr gut, das Sie als Paar wirklich nur zu zweit verbringen. Wobei die Aufmerksamkeit im Alltag füreinander nicht durch romantische Urlaube zu ersetzen ist. Und wenn man sich danach wieder im Alltagstrott verliert, nützt die schönste Paar-Auszeit nichts. Sich täglich Zeit für kleine liebevolle Gesten zu nehmen, eine nette Notiz auf dem Küchentisch, eine aufmerksame Whatsapp, Komplimente und Liebeserklärungen, sich gegenseitig Gefallen tun – all das verbessert die Beziehung nachhaltig.

 

Das Gegenüber wirklich sehen …

Genau wie Kinder nur aufblühen und sich weiterentwickeln können, wenn sie gesehen und liebevoll behandelt werden, kann jeder Mensch in einer Beziehung auch nur dann glücklich sein, wenn er sich wahrgenommen und geliebt fühlt. Und alles Engagement erst vom Partner oder der Partnerin zu erwarten, bevor man sein eigenes Herz wieder öffnet, ist, als würde man seinem Kind erst seine Liebe zeigen, wenn es immer brav, gut in der Schule und dabei auch noch zuckersüß ist.

Zwischen Job und Haushalt, Kita und Hausaufgaben, Mental Load und Sorgen um die Lage der Welt sehen wir den anderen viel zu schnell nur als funktionierendes Rädchen im Familiensystem. Einfach mal innehalten, den anderen wirklich fragen, wie es ihm oder ihr geht, was ihre oder seine Träume, Wünsche und Bedürfnisse sind, tut so gut.

 

… Und dabei den Blick vor allem auf das Gute richten

Natürlich sollten wir unsere eigenen Grenzen und Bedürfnisse im Blick haben und diese dem Partner, der Partnerin gegenüber auch klar und am besten freundlich äußern. Groll anzusammeln, unterhöhlt die Liebe genauso wie ständige Vorwürfe oder Meckern, was meist noch nicht mal zum Ziel führt. Der Beziehungsexperte John Gottmann sagt, dass es dreimal so viel Lob und Wertschätzung wie Kritik brauche, um eine Beziehung nicht zu gefährden. Das, worauf wir unseren Fokus richten, verstärkt sich in der Regel, also versuchen Sie einmal ganz bewusst, täglich Gründe für Lob und Wertschätzung zu finden. Wir nehmen das Gute oft viel zu selbstverständlich. Ein frischer Blick darauf, was wir aneinander haben, wirkt oft Wunder.

 

Mit Liebe erschaffen

Es heißt so oft, Liebe mache blind. Und dann gibt es diesen wunderschönen Spruch von Dostojewski „Jemanden zu lieben, heißt ihn so zu sehen, wie Gott ihn gemeint hat.“ Gerade in Krisenzeiten sehen wir oft nur die Defizite beim anderen und in der Beziehung. Vielleicht macht Liebe nicht blind, sondern befähigt uns vielmehr dazu, wirklich die Persönlichkeit des anderen wahrzunehmen und anzunehmen und damit auch zum Aufblühen zu bringen.

Liebe und Beziehung brauchen die Bereitschaft, Verantwortung für das Gelingen zu übernehmen und die Beziehung bewusst zu gestalten. Nicht immer einfach in Zeiten mit kleinen Kindern, in denen es manchmal sogar schwer ist, eine Tasse Kaffee zu trinken, bevor sie kalt ist. Aber es lohnt sich – gerade als Elternpaar, damit das Familienleben sich eben nicht wie eine WG, sondern wie etwas Wunderbares anfühlt, das Sie mit Ihrer Liebe erschaffen haben.

 

Mehr Anregungen und Unterstützung

Für alle, die sich effektive Unterstützung wünschen, kann ich diese beiden Bücher empfehlen, die unsere Beziehung sehr gestärkt haben:

 

Das Beziehungsjournal „Zurück auf Wolke Sieben“ von Niklas Löwenstein. Hier reichen wenige Minuten Reflexion am Tag, um die Liebe zu beleben. Funktioniert auch, wenn nur einer damit beginnt. Zusätzlich bietet Niklas Löwenstein auf seiner Website sehr gute Online-Beziehungskurse an und jede Menge kostenlosen Input in Sachen Liebe für Eltern an: https://lovomi.de/

Niklas Löwenstein: Zurück auf Wolke Sieben − ein Beziehungsratgeber für Eltern der wirklich etwas ändert. Lovomi Verlag, ISBN ‎ 978-3-982038803, Preis: 24,90 €

 

„Das Ehe-Buch – Schritt für Schritt zu einer erfüllten Partnerschaft“ von Nicky und Sila Lee. Herrlich pragmatisch und gleichzeitig sehr ermutigend werden hier wichtige psychologische Erkenntnisse über Beziehungen erklärt und konkrete Tipps zur Umsetzung gegeben. Die beiden Autoren sind christlich geprägt, das Buch ist aber bewusst so gestaltet, dass jedes Paar davon profitiert, auch wenn es eine andere Haltung hat.

Nicki und Sila Lee: Das Ehe-Buch: Schritt für Schritt zu einer erfüllten Partnerschaft. Gerth Medien, ISBN 978-3-865912459, Preis: 16,99 €

Das Wichtigste: Wenn Sie alleine nicht weiter wissen, scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen!

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