Warum Komplimente das Leben schöner machen

Worte sind ein mächtiges Werkzeug – warum nicht öfter mal ein paar davon einsetzen, um Anerkennung zu verschenken? Ich habe mich gefragt, warum das manchmal etwas Überwindung kostet, und habe am Wochenende erlebt, welche Früchte – im wahrsten Sinne des Wortes – ein netter Satz wachsen lassen kann…

Wie ihr vielleicht durch meinen Podcast Bring dein Herzensthema in die Welt wisst, habe ich ein Faible für Sachbücher rund um Psychologie, Gesellschaft und ganz besonders für Themen rund um Mutterschaft. Das meiste davon höre ich sehr gerne beim Kochen – diesmal war es das Buch Selbstlos – die Zweifel der modernen Mütter, die alles geben und sich dabei selbst verlieren von Sina Schröder. Sehr spannend und mit Sicherheit mal einen eigenen Artikel wert. Aber diesmal geht es um einen Gedanken aus dem Buch, der mir ganz besonders im Kopf hängen blieb, als ich mich nach dem Hören noch schnell auf die letzte Minute zum Buchladen aufmachte, um etwas abzuholen:
Wir sollten gerade unter Frauen richtig großzügig mit Komplimenten umgehen.
Mein Weg führte mich an einem Garten vorbei, der üppig blüht und jedes Mal Begeisterung in mir auslöst. Diesmal war die Besitzerin zu sehen, also fasste ich mir ein Herz und sagte ihr, wie schön ihr Garten immer sei. Daraufhin lud sie mich ein, frische Feigen zu pflücken – was ich sehr gerne tat. Während ich ein gutes Kilo Feigen erntete, plauderten wir, und sie bot mir an, nächstes Jahr einen Steckling zu bekommen. Wer weiß, vielleicht führt ein einziger Satz ja tatsächlich dazu, dass in unserem Garten irgendwann auch ein Feigenbaum wächst. Ein Lächeln im Gesicht und köstliche Früchte hatte ich sofort – auch wenn ich den Weg zum Buchladen am nächsten Tag erneut antreten musste.

Bei echten Komplimenten geht es natürlich nicht darum, irgendetwas dafür zu bekommen – wobei das Strahlen des Gegenübers schon ein Geschenk ist. Warum sind wir dann nicht viel verschwenderischer mit Komplimenten? Eifersucht und Konkurrenzdenken spielen wahrscheinlich seltener eine Rolle, können aber auch ein Grund sein. Klar fällt es schwer, jemandem Anerkennung zu schenken, der etwas hat, was ich selbst gerne hätte. Andererseits ist die andere Person doch der lebendige Beweis, dass es grundsätzlich möglich ist. Und es wäre eine gute Gelegenheit, um zu fragen, wie der Weg dorthin aussieht. Im Falle des Gartens weiß ich ganz genau, dass ich die Arbeit gerade nicht leisten könnte. Also begnüge ich mich zu 90 % mit dem, was wild wächst – und freue mich neidlos über die gepflegten Gärten der anderen.

Viel stärker wirkt zumindest bei mir oft die Hemmung, etwas Falsches zu sagen. Was, wenn mein Kompliment übergriffig, nervig oder peinlich wirkt? Außerdem spricht „man“ doch nicht einfach fremde Leute an. Ist ein Kompliment nicht immer auch eine Wertung? Steht mir die überhaupt zu? Und klar, es gibt auch Bewunderungsbekundungen, die eher das Ziel haben, den anderen zu manipulieren. „Du kannst das einfach besser als ich!“ bedeutet manchmal schlicht „Ich habe keine Lust drauf.“
Übergriffige Komplimente habe ich als Frau natürlich auch schon erlebt – welche hat das nicht?
Aber in den allermeisten Fällen habe ich mich über wertschätzende Worte, auch von fremden Menschen, einfach nur gefreut. Dass wir innerhalb von Familie, Freundschaften, Partnerschaften und gegenüber Kolleginnen und Kollegen großzügig mit Anerkennung sein sollten, ist selbstverständlich – wird aber auch nicht immer praktiziert. Gerade wenn es in Beziehungen auch Reibungs- und damit Kritikpunkte gibt, ist es wichtig, das mit (aufrichtiger) Anerkennung auszugleichen. Laut dem Psychologen John Gottman braucht es drei positive Äußerungen, um eine Kritik in Liebesbeziehungen auszugleichen. Gilt wahrscheinlich für fast alle Beziehungen.
Sina Schröders Aufforderung zu mehr Lob bezog sich auf Frauen untereinander, um das unnötige und so schädliche Narrativ der Stutenbissigkeit zu entlarven und zu überwinden. Vergleiche untereinander sind normal – sollten aber inspirieren, vielleicht auch mal zur Überprüfung der eigenen Werte dienen, jedoch nicht missgünstig sein. Und manchmal kostet uns die Anerkennung, dass jemand anders etwas besser macht, auch ein bisschen Schmerz. Ja, ich hatte auch schon Momente, in denen ich mich wie eine Versagerin fühlte und mir das gute Beispiel anderer den Kontrast noch einmal deutlich machte. Manchmal habe ich mir Rat geholt – auch eine Form von Anerkennung – und meinen Weg neu justiert. Gerade das Muttersein bietet viele Gelegenheiten, sich als Versagerin zu fühlen. Meistens ist es ein vermeintliches Scheitern, das nur auf falschen Erwartungen beruht, aber hin und wieder verbocken wir wirklich was.

Ich erinnere mich an ein Kompliment, das mir eine andere Kindergartenmutter vor über zwanzig Jahren gemacht hat. Mein Ältester war mit ihrem zweiten Sohn zum Spielen verabredet, und beim Abholen meinte sie, sie müsse mir etwas erzählen. Ihr Kind hätte beim Spielen etwas kaputt gemacht, und sie hätte laut geschimpft. Mein Sohn hätte daraufhin gesagt: „Meine Mutter würde wegen sowas nie rumschreien.“
Es stimmte, dass ich damals sehr entspannt und gelassen war – und immer, wenn ich es nicht mehr so bin, denke ich an ihre freundlichen und wertschätzenden Worte. Obwohl sie zu dieser Zeit nach eigener Aussage selbst so ungeduldig war, konnte sie meine Geduld wertschätzen. Das ist wirkliche Größe – die mir in vergleichbaren Situationen nicht immer zufliegt.
Für die allermeisten Komplimente braucht es zum Glück nur ein wenig wohlwollende Aufmerksamkeit und einen kleinen Ruck, den netten Gedanken auch wirklich auszusprechen.

In diesem Sinne wünsche ich dir alles Gute und jede Menge Anerkennung – zum Verschenken und um dich darüber zu freuen,

deine Daniela alias Marie Adams

2 Kommentare

  1. Liebe Daniela,

    dein Beitrag erinnert mich daran, wie kraftvoll kleine Gesten sein können. Ich habe selbst erlebt, dass ein unerwartetes Kompliment den ganzen Tag heller machen kann – manchmal sogar mehr, als man denkt. Du machst Mut, solche Momente bewusster wahrzunehmen und sie auch selbst zu verschenken. Und ganz ehrlich: deine warmherzige Art zu schreiben ist selbst schon ein Kompliment wert.

    Liebe Grüße
    Anja

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