Verbundenheit in der Partnerschaft

Bild der Autorin und Paartherapeutin Ira Schneider
Paartherapeutin und Autorin Ira Schneider

Die Paartherapeutin und Autorin Ira Schneider spricht so einfühlsam und kreativ über das Zusammensein und die Liebe – auch nach über dreißig Jahren Beziehung haben uns ihre Bücher inspiriert (Den aktuellen Adventskalender 24x nur wir zwei habe ich für meinen Mann schon besorgt :-)). Hier erzählt Ira etwas zum Thema Verbundenheit, Liebe und die Überwindung von (altem) Schmerz.

Liebe Ira,

du bist Paartherapeutin und Autorin und das Glück von Paaren ist eins deiner größten Herzensthemen. Wie ist es dazu gekommen?

Mich hat schon immer das System Familie interessiert und vor allem die Frage, wie können Kinder ein entwicklungsförderliches Umfeld haben. Da die Liebe der Eltern die Basis im Familienlieben ist, schien es mir sinnvoll, da anzusetzen. Mit Paaren arbeiten, kann wirklich sehr erfüllend und manchmal auch herausfordernd zugleich sein. Da ist so viel Ringen, so viel Schmerz und zugleich so viel Glück und Erleichterung, wenn Nähe wieder möglich ist. Berufsbegleitend habe ich dann auch die Ausbildung zur tiefenpsychologisch orientierten Erziehungsberaterin, unter anderem in einer Erziehungsberatungsstelle, gemacht und gemerkt, auch auf Elternebene zu arbeiten, ist spannend. Wie du merkst: Es macht mir wirklich unheimlich Freude so vielfältig innerhalb von Familien arbeiten zu dürfen.

Wie erlebst du die Arbeit mit den Paaren? Bei welchen Reaktionen und Verhaltensweisen hast du Hoffnung, dass die Beziehung heilt?

Vor allem dann, wenn ich spüre, dass eine Betroffenheit über den Schmerz des Gegenübers spürbar wird, merke ich, dass sich etwas bewegt. Auf einmal ist es möglich, eine neue Perspektive einzunehmen und Zuwendung zu zeigen. Es ist auch für mich als Begleitende sehr berührend zu erleben, wenn ein echtes sich Einfühlen passiert. Einfühlen ist eben mehr als Eindenken. Es ist ein noch viel engagierterer Schritt. Oft sind das Momente, wo Paare sich sagen: ,,Das war mir neu. Mir war gar nicht klar, dass da so viel Schmerz in dir war. Das tut mir unfassbar leid.“ Von außen könnte man denken ,,Ist doch klar“. Aber es ist total menschlich, sich zu verhaken und vor lauter Kritik und Vorwürfen den eigentlichen Schmerz nicht mehr zu sehen. Auch sind es die Momente, wo Paare aktiv etwas verändern und sich gegenseitig positives Feedback während ihrer Veränderungsprozesse geben.

Viele von uns haben Angst, sich für immer auf einen anderen Menschen einzulassen, weil sie das bei den eigenen Eltern nicht als so erstrebenswert angesehen haben. Selbst wenn die Beziehungen „intakt“ waren, wirkten sie vielleicht langweilig. Wie können wir uns aus alten Mustern lösen?

Der erste Weg sich aus alten Mustern zu lösen, ist zu erkennen, dass Wiederholung menschlich ist. Menschen wiederholen letztlich das, was ihnen vertraut ist, sowohl das Schöne als auch das Frustrierende. In meinem Kapitel ,,biografische Spuren – den Rucksack auspacken“ gehe ich in ,,Jeden Tag ein neues Ja“ ausführlicher darauf ein. Unbewusstes ins Bewusstsein bringen, ist im Grunde schon eine große Errungenschaft. Wer dann noch den Mut und die Kraft aufbringt sich altem Schmerz zuzuwenden, kann anfangen, Wichtiges ins Spüren zu bringen. Dann kann das Dort und Damals vom Hier und Jetzt getrennt werden. Trauer ist oft ein Schlüssel. Nur, was an Schmerzlichem würdig betrauert wurde, kann irgendwann verabschiedet werden.

Warum glaubst du daran, dass die Beziehung mit einem Menschen lebenslang erfüllend und inspirierend sein kann und wenn ja, was sind die besten Wege dahin? Vielleicht hast du ja drei besonders wichtige Tipps, um die Liebe lebendig zu halten?

Ich bin ja meistens nicht so die 3-Tipps-Fee, haha! Aber, was immer sinnvoll ist, ist dranzubleiben einander das innere Erleben zur Verfügung zu stellen, sprich eine Paarsprache zu entwickeln. Miteinander in Beziehung zu bleiben und sich immer wieder neu Ängste, Träume, Sorgen anzuvertrauen. Das andere wäre, neugierig auf das Gegenüber zu bleiben und nie zu glauben, dass man schon alles wisse. Das Gegenüber bleibt eine Wundertüte! Als dritten Tipp würde ich Paaren gerne mit an die Hand geben, Widerstand gegen die Betriebsamkeit des Alltags zu leisten und sich bewusst Zeiten zu zweit, auch wenn sie manchmal schwer einzuräumen sind, zu planen.

Viele glauben, dass bei aller Nähe und Freundschaft das Begehren nach ein paar Jahren automatisch erlischt, ja, dass zu viel Vertrautheit und Verbindlichkeit an sich unsexy macht. Was sagst du als Paartherapeutin dazu? Wie können wir auch die körperliche Ebene der Liebe lebendig halten?

Sich begehrt zu fühlen, ist ein Bindungsbedürfnis, sprich, es ist ganz tief in unsere Sehnsüchte eingewoben. Die tiefe Gewissheit, dass das Gegenüber einen attraktiv findet, stärkt den Selbstwert. Ich denke jedes Paar ist da ein wenig anders. Vertrautheit bedeutet auch Sicherheit. Sicherheit kann dazu führen, dass sich Paare bestimmte Fantasien und Wünsche eher anvertrauen, als wenn sie sich noch fremd fühlen.
Die Sexualität lebendig zu halten, fängt im Grunde damit an, ihr einen Stellenwert einzuräumen und sich gegenseitig darüber auszutauschen, was guttut. Bei den Berührungen kann es helfen, eine Sprache zu entwickeln: Lieber schnell oder langsam, lieber fest oder sanft, lieber wiederholte Berührungen oder vereinzelte. All das zu kommunizieren, kann helfen.

In deinem Buch „Jeden Tag ein neues Ja“ geht es um sehr enge Beziehungen, in denen weit mehr als Tisch und Bett geteilt wird, in denen die Partnerin, der Partner wirklich Priorität ist. In deinem Nachfolger Zwischen ich, du & wir, in dem du dich vor allem an Frauen am Anfang einer Beziehung richtest, geht du vor allem auf das Ich im Wir ein. Warum ist dir gerade dieser Aspekt so wichtig?

Mir ist es deshalb so wichtig gewesen, da ich es für sinnvoll halte, dass jeder Teil gesehen wird und Raum bekommt. Das Ich braucht Raum zur Entfaltung und zum Rückzug, dass Du will gesehen, gehört und verstanden und das Wir möchte genährt und umsorgt werden. Jeder Teil ist gleichwertig und wichtig. Sie können nicht alle gleichzeitig versorgt werden, aber immer wieder im regelmäßigen Wechsel. Ich glaube, dass es sich lohnt dies im Blick zu behalten.

Wie können dich meine Leserinnen und Leser erreichen? Was sind deine Angebote (wie zb. Dein wirklich schöner Newsletter😊)

Auf meiner Homepage unter www.schneider-ira.com findet man meinen Blog & Newsletter. Unter https://open.spotify.com/show/6SBuQKc46gVwLDTV2WXQTu findet man meinen Podcast ,,Voll Liebe“. Wer Lust hat weiterzulesen, findet unter #paaredukation Aufklärungsarbeit unter @ira.schneider_.

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